Wasserstoffautos versus Atmosphäre

Am Stammtisch wurde die Frage diskutiert: Welche Auswirkungen müssten wir befürchten, wenn die gesamte PKW-Flotte in Deutschland auf Wasserstoff-Antrieb umgestellt würde? Dabei standen zwei Aspekte im Vordergrund: Hätte der zusätzlich in die Atmosphäre aufzunehmende Wasserdampf einen Effekt analog zur gesteigerten CO²-Emission? Gäbe es genügend Wasser, um den benötigten Wasserstoff zu erzeugen? Das war für das i-Q Team der Anlass, die Szenarien einfach mal grob nachzurechnen. Das Ergebnis wird in diesem Artikel als Gedankenanregung dargestellt.

12.11.2020
Jörg Schacht

Von welchen Fakten gehen wir aus?

Grundsätzlich brauchen wir einige Informationen zur Luftmenge über Deutschland und Abschätzungen zu dem Ausstoß einer kompletten Flotte von PKWs, die vollständig mit Wasserstoff angetrieben wird. Natürlich kann man an den einzelnen Punkten Kritik üben, andere Zahlenwerte postulieren oder auch vergessene Gesichtspunkte einfordern. Darauf sind wir sehr gespannt und sehen unseren Ansatz als Gedankenanregung. Außerdem bitten wir darum, dass alle Interessierten die Sachen einfach mal nachrechnen - falls wir uns um ein oder sogar mehrere Potenzen vertan haben!

Fakten zur BRD und ihrer Atmosphäre

  • Grundfläche: 357.582 km2
  • betrachtete Höhe der Atmosphäre: 5 km
  • Luftvolumen über der BRD: 1.787.910 km3
  • relative Luftfeuchtigkeit im Schnitt: 50%
  • Wasser in g/m3 (20°C): 9,00 g/m3>/li>

Fakten zur potentiellen Wasserstoffflotte (nur PKWs)

Die grundsätzlichen Zahlen stammen vom KBA, der durchschnittliche Verbrauch pro 100 km ist ein von uns geschätzter Wert.

  • Anzahl der PKWs in der BRD (01.01.2020): 47.700.000 Fahrzeuge
  • Laufleistung pro Jahr: 15.000 km
  • Wasserstoffverbrauch / 100 km: 1,50 kg
  • Wie viel Wasser brauche ich für 1 kg Wasserstoff? 9,00 kg

Schlussfolgerung 1 – Beeinflussung der Atmosphäre

Aus unseren Abschätzungen ergibt sich ein Eintrag von Wasserdampf pro Tag in die Atmosphäre über alle PKWs von 0,000148 g/m3. Bei dem angenommenen Wert von 50 % Luftfeuchtigkeit (bei 20° C) entspricht das einem „natürlich vorhandenem“ Wasserdampfgehalt von 9,00 g/m3. Und damit liegt der prozentuale Einfluss bei den Emissionen bei gerechneten 0,001645 %. Dieser Einfluss ist rein messtechnisch so gut wie gar nicht erfassbar, so dass wir bezüglich der Beeinflussung der Atmosphäre absolute Entwarnung geben können.

Zum Vergleich: die Änderung des CO2 Gehaltes in der Atmosphäre (Quelle: de.wikipedia.org/wiki/Kohlenstoffdioxid_in_der_Erdatmosphäre) „CO2 ist als Spurengas mit einem Volumenanteil von etwa 0,04 % (etwa 400 ppm) in der Erdatmosphäre enthalten. Die gegenwärtige Konzentration liegt fast 50 % über dem vorindustriellen Wert von 280 ppm und um 33 % über dem höchsten in den vergangenen 800.000 Jahren jemals erreichten Wert.“

Schlussfolgerung 2 – Wasserbedarf

Aus unseren Abschätzungen ergibt sich daraus der Wert von 264.636 m3 für die gesamte, notwendige Wassermenge pro Tag

  • Angenommener Wert: 264.636,99 m3
  • Wasser bei 15.000 km pro Jahr: 2,025 m3
  • Wasserverbrauch / Jahr / Einwohner (2018): 297 m3 (de.statista.com/themen/153/wasserverbrauch/ (20.08.2020))

Dieses Ergebnis stellen wir nun gegenüber zu drei verschiedenen, vielleicht allgemein bekannten Größenordnungen.

Edersee – Talsperre im Sauerland

Wenn wir das notwendige Wasser zur Wasserstoffproduktion einzig und allein aus dem Edersee im Sauerland entnehmen würden, dann wäre (ohne irgendeinen weiteren Zufluss) der Edersee nach ziemlich genau 2 Jahren leer.

  • Inhalt Edersee bei Vollstau in m3: 200.000.000,00 m3
  • Wie lange reicht der Edersee? (in Tagen): 755,75 Tage (ohne einen weiteren Zufluss)
  • Wie lange reicht der Edersee? (in Jahren): 2,07 Jahre (ohne einen weiteren Zufluss)

Der Rhein bei Köln

Die Durchflussmenge des Rheins ist natürlich stark vom Pegelstand abhängig. Bei starkem Niedrigwasser wie 2003 (0,81 Meter) sind es nur 630 m³ oder 630.000 Liter pro Sekunde, bei dem "durchschnittlichen" Pegelstand von 3,21 Meter sind es rund 2.000 m³ und bei einem sehr starken Hochwasser wie 1995 sind es 11.000 m³ oder 11.000.000 Liter pro Sekunde.

Wenn wir das notwendige Wasser zur Wasserstoffproduktion einzig und allein aus dem Rhein bei Köln (mittlerer Pegelstand) entnehmen würden, dann entspricht das etwa einem prozentualen Anteil von 0,1531%.

  • Rhein bei Köln / mittlere Pegel 3,21 m (l/sec): 2.000.000 l/sec
  • Rhein bei Köln / mittlere Pegel 3,21 m (m3/Tag): 172.800.000 m3/Tag
  • Rhein bei Köln / mittlere Pegel 3,21 m (m3/Jahr): 63.072.000.000 m3/Jahr
  • Anteil Rheinwasser für Wasserstofffahrzeuge: 0,1531 %

Vergleich mit dem persönlichen Wasserverbrauch

 

Der einzige Wert, bei dem sich ein Wasserstofffahrzeug merklich auswirkt, ist der rein private Wasserverbrauch pro Fahrer eines dieser 47 Millionen Wasserstofffahrzeuge. Denn wenn wir den privaten Wasserverbrauch (ablesbar auf der Wasseruhr im Keller) in Relation zu dem Wasserbedarf eines Fahrzeugs setzen, dann kommen wir auf etwas mehr als 4 % Mehrverbrauch an Wasser. Wenn wir das dann auf die Gesamtbevölkerung von 83,02 Millionen Einwohner (2019) beziehen, dann sinkt der Anteil schon auf 2,51 %.

  • Privater Wasserverbrauch / Tag / Einwohner (2018): 127 l
  • Privater Wasserverbrauch / Tag / Einwohner (2018): 46,355 m3
  • Wasserbedarf pro Auto bei 15.000 km Fahrleistung: 2,025 m3
  • Anteil am Privatverbrauch eines Fahrers eines Wasserstofffahrzeugs: 4,37 %
  • Anteil am Privatverbrauch eines Einwohners der BRD: 2,51 %

Diese ganzen Ergebnisse könnten wir jetzt auch noch in Bezug auf tropfende Armaturen oder undichte Rohrleitungen setzen, aber das ersparen wir uns an dieser Stelle.

Unser Fazit:

Selbst eine komplette Umstellung unseres derzeitigen PKW-Fuhrparks auf Wasserstoff würde keinerlei Auswirkung auf unser Ökosystem haben. Denn wir müssen uns auch über eine Tatsache im Klaren sein: Das Wasser, dass wir (hier vor Ort) entnehmen, wird als Wasserdampf (Abgas) direkt wieder in den Wasser-Kreislauf eingespeist.

i-Q_Expertenwissen_Wasserstoffautos-vs.-Atmosphaere.pdf
Expertenwissen zum Offline-Lesen

Welche Auswirkungen müssten wir befürchten, wenn die gesamte PKW-Flotte in Deutschland auf Wasserstoff-Antrieb umgestellt würde? Hätte der zusätzlich in die Atmosphäre aufzunehmende Wasserdampf einen Effekt analog zur gesteigerten CO2-Emission? Das i-Q Team hat die Szenarien grob nachgerechnet. Das Ergebnis wird als Gedankenanregung dargestellt. Lesen Sie den ganzen Artikel im PDF-Format gern auch offline.

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